Klosterladen & Klostercafé

Mit Kreativität, Geschick und Herzblut: Schwester Veronika gestaltet Kerzen auf Kloster Burg Dinklage

Datum: 23.11.2016

Redaktion

Fön, Bügeleisen, Küchenmesser, Filzstifte, Stopfnadeln in alten Filzstiften, Backpapier und Walze: Mit diesen Gegenständen kann Schwester Veronika bestens umgehen. Denn es sind ihre Arbeitsgeräte. Sie gehört der Benediktinerinnenabtei St. Scholastika an und ist in der Kerzenwerkstatt auf Kloster Burg Dinklage tätig. Dort gestaltet sie Kerzen zu Anlässen wie Ostern, Taufen, Weihnachten, Hochzeiten oder Jubiläen. Eine Aufgabe, die viel Kreativität, handwerkliches Geschick und Herzblut erfordert, um Ergebnisse zu erreichen, die ihres gleichen suchen. 


Die Rohlinge werden von der Firma Jaspers aus Hopsten bezogen und bestehen zu zehn Prozent aus Bienenwachs. Sie sind in diversen Größen erhältlich, eine Standard-Taufkerze hat zum Beispiel die Maße 4 mal 40 Zentimeter. Mit zugekauften Wachsfolien, die es in allen Farben gibt, verziert Schwester Veronika die Kerzen mit prächtigen Motiven. Doch das ist noch längst nicht alles. Aus kommerziell hergestellten farbigen Wachsfolien fertigt Schwester Veronika mittels Bügeleisen und Backpapier neue Farbplatten, die einmalige Farbmischungen und Farbverläufe sowie besondere Strukturen aufweisen. Auch Farbschichtungen kommen zum Einsatz. So werden Wachsfolien verschiedener Farben übereinander gelegt, zugeschnitten, eingerollt und daraus zum Beispiel Flammen, Herzen oder Blätter geformt. Die Motive können als Applikation auf die Kerze gesetzt oder als Inlay in die Mantelschicht der Kerze eingearbeitet werden.


Ein Großteil der Kerzen wandert als Vorrat in den Klosterladen oder wird für Aufträge aus dem Laden, die bisweilen sehr individuell sind, angefertigt. Die gestalteten Kerzen sind unter anderem ebenfalls in den Kirchen der umliegenden Orte zu finden, sie werden dank vieler Bestellungen aus dem Internet aber auch nach München, Dortmund oder Leipzig, in die Schweiz und Österreich verkauft, einige Kerzen finden aber auch gar den Weg nach Südamerika oder Afrika. Auch als Geschenke werden besondere Kerzen hergestellt. Bisweilen sind die Werke so individuell, dass sie kaum zu bezahlen sind. 


Etwa 800 Kerzen in verschiedensten Größen und zu den unterschiedlichsten Anlässen werden pro Jahr etwa in der Werkstatt gestaltet. Und dabei ist bisweilen ein langer Atem gefragt. Schließlich dauert die Gestaltung einer Osterkerze bis zu fünf Stunden. „Wir verwenden keine Fertigteile, sondern machen alles selbst“, sagt Schwester Viktoria. Auch die Motive werden selbst entwickelt und umgesetzt.


Was gefällt der Schwester an ihrer Arbeit? Sie erklärt: „Ich kann meine Gedanken relativ ungehindert mit den begrenzten Wachsmöglichkeiten zu einer Gestaltung werden lassen, die andere Menschen bereichert und sie geistlich inspiriert. Zudem ist die Kerze ein Gebrauchsgegenstand, und Kerzen gehen immer in Licht und Wärme auf.“ Ferner sei die Gestaltung der Kerzen eine spirituelle Aufgabe. Denn es gehe auch darum, die Inhalte zum Beispiel von Weihnachten oder der Taufe theologisch zu vermitteln. Das gelingt mit der ausgeprägten Farb- und Formsymbolik auf den Kerzen.


Seit mittlerweile 14 Jahren ist Schwester Veronika in der Kerzenwerkstatt tätig. 6,5 Stunden am Tag, sechs Tage in der Woche. „Ich habe diese Arbeit nicht gelernt, sondern bin da hineingeschubst worden und habe aus der Not eine Tugend gemacht“, erklärt sie mit einem Lächeln auf den Lippen. Erst seit kurzer Zeit ist Andrea Wolking, die nicht im Kloster lebt, als Mitarbeiterin in der Werkstatt beschäftigt. Sie unterstützt Schwester Veronika dabei, alle zahlreichen Aufträge auszuführen. 


Gefertigt hat Schwester Veronika bislang zahlreiche sehenswerte, vielfältige und individuelle Kerzen. Doch auf ein Exemplar ist sie besonders stolz. Für die Seligsprechung der Lübecker Märtyrer erhielt Schwester Veronika vom Erzbistum Hamburg den Auftrag, eine Kerze zu gestalten. Drei katholische Priester sollten selig gesprochen werden, sie hatten zusammen mit einem befreundeten evangelischen Pfarrer die Predigten von Bischof von Galen verbreitet und aktiv gegen die nationalsozialistische Diktatur- und Schreckensherrschaft protestiert. Da es aber in der evangelischen Kirche keinen Akt der Seligsprechung gibt, sollte der Pfarrer nun auch nicht vereinnahmt werden. Durch ihr Glaubenszeugnis gehörten die Vier aber untrennbar zusammen. Das drückte Schwester Veronika durch eine besondere Kerzengestalt aus: einen Vierpass aus zusammengeschraubten und mit Stricken verbundenen, meterlangen Osterkerzen. Das ermöglichte  ein Entzünden der jeweils einzelnen Flammen und verweist auf den engen Verbund, im dem die Vier ein gemeinsames Blutzeugnis ablegten.


„Auf diese Weise konnte ich kreativ und verändernd auf die römisch-katholische Seligsprechungsliturgie einwirken: die katholischen Männer wurden selig gesprochen, der evangelische Pfarrer nicht, bleibt aber weiterhin mitgemeint und mitgenannt. Das macht mich noch immer sehr stolz“, sagt sie und strahlt über das Gesicht. So wie zahlreiche Menschen aus Nah und Fern, die Kerzen in der Hand halten oder sehen, die mit viel Liebe, Akribie, Sorgfalt und Freude von Schwester Veronika gestaltet wurden.


Text/Fotos: Heinrich Klöker


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